Lange hatten Édouard-Louis und ich uns auf diese Reise
vorbereitet. Für den normalen Menschen mag das schon eine Herausforderung sein, aber für zwei Kellerasseln mit Hamburger Akzent (Assel-Platt !), ist das die Reise ihres – in diesem Fall - unseres
Lebens. „Na so pathetisch brauchst Du es aber auch nicht zu machen, Célestine“, konterte Édouard-Louis lasziv!Dennoch, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15cm/Minute mit Feuchtigkeitspausen, würden wir
schon einige Zeit in Anspruch nehmen müssen. Allein von Planten un Blomen zum Hamburger Hauptbahnhof zu kommen, um dort den ICE nach Westerland oder alternativ die NOB zu nehmen, ist für eine Assel
eine Weltreise. Ein Fußgänger braucht dafür bei durchschnittlicher Geschwindigkeit schon ca. 35min. Unser Stammwohnsicht mit Aussicht ist nämlich der Teich am Teehaus Große Wallanlagen - ein
gemeinsam gestalteter Ort.
Seit dem Umbau des Gebäudes 2022 besteht die Chance, mit
der neuen Leichtigkeit der Bauweise, der besonderen Architektur und der herausragenden Lage einen Ort für moderne Seniorenarbeit zu entwickeln, der gleichzeitig zu einer generationsübergreifenden
Freizeitstätte wird – also auch für Asseln. So, und das stellst Du Dir jetzt als Leser/In aus der Perspektive als Assel mit 14 Beinchen vor. Ja, genau das. Genau diesen Blick würde ich jetzt gerne
sehen, wie Du vielleicht veirritiert nach unten schaust und denkst, "Ich spinne doch!" Lass uns einfach diese Frage umgehen und der Fantasie freien Lauf lassen.
Und los geht’s. Édouard-Louis hatte vorher
sein refurbed iPhone gecheckt, die Route eingegeben, die Rucksäcke gepackt und abschließend noch einmal den Blog #CÈLESTINEGOESNORTH auf Funktionsfähigkeit geprüft.
Unser Weg war allerdings noch durch einige Hundehaufen blockiert. Freundliche
Hundebesitzer nutzen immer wieder den großflächigen offenen Park, um ihren Vierbeinern die spielerische Form der Entleerung ihres Körpers zu ermöglichen. Muss das sein?
Leider gibt es noch immer zu viele Hundehaufen, die
nicht beseitigt werden. Hundekot lässt sich problemlos entfernen. „Schluss mit schmutzigen Geschäften“ heißt es deshalb neuerdings! Die Stadtreinigung Hamburg versorgt Hundehalter mit kostenlosen
Gassi-Beuteln. Im Jahr 2022 hat die Stadtreinigung mehr als 31 Millionen Gassibeutel bereits verteilt. Einige haben davon allerdings noch nichts mitbekommen. Und deshalb müssen wir sehr genau
aufpassen, wo wir hintreten. Stell Dir einfach vor, Du bist ca. 1cm groß und vor Dir liegt eine runtergefallene Currywurst. Das ist ein riesiges Hindernis, je nachdem wie frisch sie ist. Ja, stell es
Dir jetzt vor. Genauso! Und die musst Du jetzt überwinden. Obendrüber oder außenrum! Das beschreibe ich jetzt nicht, weil ich dem Kopfkino nicht vorgreifen will. Und wir Asseln können wirklich
auch nicht alles, was ihr Menschen so an organischen Materialien fallen lasst, verarbeiten. Obwohl das seit Jahrmillionen unser Auftrag zu sein scheint.
Dennoch kostet das uns
mindesten 2min unseres Zeitfensters, das hier und da noch mehr Überraschungen offeriert. Nicht nur der Hundehalter steht noch rum und raucht, sein Hund schnüffelt aufgeregt im Umkreis von zwei Metern
und durchwühlt und kratzt immer wieder die Erde direkt neben uns auf. Vorsicht ist auch hier im Besonderen geboten, wenn der Halter noch seine Zigarette ausdrückt. Dann schaust Du vielleicht
zusätzlich auf ein stinkendes Etwas, das auch noch glüht.Édouard-Louis läßt sich von solchen
"Imponderabilien (lateinisch imponderabilis - unwägbar) als unwägbare Gegebenheit wie z.B. Befindlichkeiten, Gefühls- und Stimmungsschwankungen oder nicht quantifizierbare Risiken", wie er gerne
zitiert, allerdings nicht erschrecken oder abhalten, seinen Weg zu gehen. Es ist ein beschwerlicher Weg für eine Assel. So what!
Keinen Meter von dem
glühenden Auge der aushauchende Kippe entfernt, die nächste Situation, die Édouard-Louis´ und meiner erhöhten Aufmerksamkeit bedurfte. Mit mehr als 1.400 Parkanlagen bietet die Hansestadt viele Möglichkeiten zum entspannten Bummeln. Picknick, Spazieren, Jogging – hier ist alles möglich, sogar in geselliger Runde. Und
Planten un Blomen – der einmalige Park der Ruhe und Entschleunigung für ein gutes Miteinander. Der Park ist einer der besonderen Orte in Hamburg, in dem Gehwege ohne Hindernisse zum Flanieren,
Spazierengehen und Innehalten vorgesehen sind. Unsere Gäste sollen frei und ungestört den Park genießen, und Kinder und Gehbehinderte können sich frei und gefahrlos bewegen. Sollten allerdings
motorisch aktive Kinder oder lachende Rollatorgrüppchen unterwegs sein, ist das so ähnlich, wie das Überqueren der A7 als Fußgänger vor dem Elbtunneln.
Es ist immer das
gleiche, wenn wir verreisen wollen. Édouard-Louis tut wie ein junger Hüpfer, wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln. Da ist er super. Ich weiß nicht, was er Euch über mich alles erzählt hat. Aber
wir halten es gerne wie bei Euch Menschen mit: „Hinter jeder erfolgreichen Asselfrau steht ein zerbrechliches, aber zugeneigtes und kreatives Asselmännchen." In dem Zusammenhang will ich gleich auf
etwas hinweisen, was vielleicht zu Problemen führt, die Ihr Menschen habt. Das Gendern. Wir Asseln gendern nämlich nicht. Als ich kürzlich an einem Papierkorb vorbei kam, warf einer von Euch ein
zerknülltes Papier achtlos neben ihn. Er schien wütend gewesen zu sein. Ich bin als Asselfrau natürlich etwas neugierig und versuchte nach langem Auseinanderknüllen der Papierkugel, dem
zerfletterten Text auf die Spur zu kommen.
Bei meinem letzten
Afrikaurlaub hatte ich einen Pillendreher kennengelernt. Der südafrikanische Dungkäfer Scarabaeus lamarcki ist für seine ungewöhnliche Brutpflege bekannt.Er formt Elefantendung zu Kugeln und rollt
diese dann rückwärtslaufend vor sich her bis in seine unterirsische Behausung Er gab mir dabei wertvolle Tipps für das Drehen von Pilzsporen mit Mutterboden, was ich als Kugel zu Reiseproviant
gemacht habe. Aber zurück zu dem zerknüllten Zettel, der folgendes Geheimnis für mich preisgab.
„Mit gendergerechter
Schreibweise ist ein Schriftbild gemeint, welches die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck bringt. Alternativ können auch die Bezeichnungen gendersensible, geschlechterinklusive,
geschlechtsneutrale, geschlechtergerechte sowie nicht-sexistische Schreibweise verwendet werden. Die wesentlichen Richtungen, die eine gendergerechte Schreib- und Sprechweise versucht einzuschlagen,
sind die Sichtbarmachung aller Geschlechter sowie eine Neutralisierung der Sprache in Bezug auf die Kategorie Geschlecht.“ Autor unbekannt. Bekannt ist allerdings, wie es anfangs bereits
Édouard-Louis unter vorgehaltener Hand formuliert hat. Ich habe zwei Genitalöffnungen. Würde man mich auf mein Geschlecht reduzieren, hättet ihr eine ganze Menge zu
tun.
Forschende der USA analysierten sechzehn national
repräsentative Meinungsumfragen, die zwischen 1946 und 2018 in den USA mit insgesamt mehr als 30‘000 erwachsenen Asseln durchgeführt wurden. Dabei untersuchten sie innerhalb dieser Meinungsumfragen
drei Stereotype: Communion (charakterisiert durch Eigenschaften wie mitfühlend, sensibel, liebevoll), Agency (wie ehrgeizig, aggressiv, entscheidungsfreudig) und Kompetenz (wie intelligent,
organisiert, kreativ) – und ob die befragten Asseln der Meinung waren, dass diese Eigenschaften eher weibliche, eher männliche oder gleichermaßen beiden Asselgeschlechtern zugeschrieben werden. Ein
eindeutiges Zuweisen von Unterschieden war nicht substanziell erkennbar und damit auch nicht von sprachlicher Relevanz für unser Lebensgefühl. Für uns heißt das: Asseln bleiben Asseln. Aber das
sind ja nur Nebenkriegsschauplätze, die wir auf unserem Weg nach Norden vermeiden sollten. Ebenfalls vermeiden sollten wir eine Begegnung mit der echten Webspinne aus der Familie der
Sechsaugenspinnen.
Wie bei allen Spinnen der Familie sind ihre Augen dicht,
fast kreisförmig an der Stirn angeordnet. Die nachtaktive Spinne versteckt sich tagsüber in einem festen Gespinstsack, meist unter Steinen. Sie ernährt sich von uns Asseln, die von anderen Spinnen
gemieden werden. Da ihre Greifarme stark verlängert sind, kann sie unsere Rückenplatten der Assel umgreifen und so ihren Giftbiss anbringen. Also, Finger weg! „Jetzt komm endlich“, Édouard-Louis ? Er sieht zwar gut aus, wenn man das für eine Assel sagen kann,
aber manchmal könnte er wirklich etwas forscher sein. Dass er sich beim Sex zweimal festklemmen muss, ist ja o.k. Aber im restlichen Leben ist er manchmal wenig überlebensunfähig. „Pass auf, da vorne
liegt ein Kiefernzapfen und lass den vergammelten Regenwurm liegen, ich hab ja genügend Pilzkugeln als Wegzehrung dabei.
Unser Ziel heißt
weiterhin Norden.
„Achtung,
Édouard-Louis!“ und da war es schon zu spät. Wir waren gerade dabei, zügig einen dieser Kieswege zu überwinden. Mütter mit iPhones und Kinderwagen sowie ältere Herrschaften mit Rollatoren
hatten wir im Blick. Aber die Geschwindigkeit, mit der heute Jogger ankommen, war für uns Asseln zu viel. Es macht nur Knacks und mein Gedanke war; Ende der Reise, bevor sie überhaupt angefangen
hatte. Da entdeckte ich Édouard-Louis, wie er neben mir im Profil eines Laufschuhes klemmte und immer sich den wiederkehrenden rhythmischen Berührungen seiner Sohle mit dem Kiesweg zu
entkommen. Wir hatten also Glück im Unglück. Es war ein weicher Laufschuh mit neuer Sohle und tiefen Profilen, in denen wir unbeschadet eingeklemmt transportiert wurden. Man musste nur das
stakkatohafte Laufen und Abrollen des scheinbar jugendlichen Läufern aushalten. Pro Sekunde ein abrollender Schlag. Die Zeit schien unendlich. Die rotierenden Bewegungen im Schuhprofil des Läufers forderten von uns
alles. Édouard-Louis hing wie ein nasser Sack im Profil, wenn man den Vergleich zu einer Assel denn so machen kann. Mein Panzer hatte sich mit der Profilrille vereint. Die Fühler taten ihr
Bestes. Meine AirPods würden das allerdings nicht lange
durchhalten.
Die Laufgeschwindigkeit
schien abzunehmen. Ein kurzer Blick auf Google Maps zeigte mir, dass wir die Tiergartenstrasse erreicht hatte. Die Schrittfolge und Schlagdichte der Turnschuhe wurde kürzer und härter. Wir waren
irgendwo zwischen Sternschanze und Karoviertel. Édouard-Louis war wie in Trance und deshalb kaum noch ansprechbar geschweigedenn für einen Stresstest zu nutzen. Dann nach ca. 10min war plötzlich
stopp. Der Läufer schien noch Dehnungsübungen zu machen, indem er das rechte und linke Bein auf einen Treppenabsatz stellte und seinen Körper durchdrückte. Am schweren Atmen konnten wir hören,
dass er schon länger unterwegs gewesen sein mußte. Uns verschaffte das etwas Zeit zur Orientierung und Ausrichtung unserer Ziele. Den Park rund um Planten un Blomen hatte wir schon vergessen. Auch
Édouard-Louis entspannte sich ein wenig und grinste aus einem der Profile mir entgegen. Eigentlich liebe ich dieses Asselmännchen und das weiß er ja.
Plötzlich sprang der
Läufer wieder auf. Es klapperte so etwas wie ein Schlüsselbund und wenige Sekunden später fiel eine Tür ins Schloss. Es war still an dem Ort. Der Straßenlärm hatte sich vollständig verzogen.
Édouard-Louis und ich waren in höchster Aufmerksamkeit und Konzentration. Vier, fünf hektische Sprünge noch oben, erneut ein Schlüsselbund, der ins Schloss gesteckt wurde und ein lautes "Hallo, ich
bin wieder da!" Zusätzlich ein seltsamer Anblick. Ein Schuh versuchte den anderen auszuziehen oder abzustreifen, was offensichtlich unseren Läufer Schwierigkeiten machte. Wir polterten jedenfalls
rollend auf eine Art Ablagefläche, auf der schon andere Schuhe lagen. Grelles Licht vernebelte unsere Sicht. Denn der Schuh, in dessen Profil wir steckten, lag mit der Sohle nach oben. Es müssen
Deckenscheinwerfer geswesen sein, die wie Autoscheinwerfer uns direkt blendeten. Aber es trat etwas Ruhe ein. Für mich und Édouard-Louis die Chance, uns aus der misslichen Lage zu befreien.
Meine AirPods hätten das nicht länger ausgehalten. Hatte ich doch gerade in Dauerschleife Atemlos von Helene Fische mir in meine Ohren intonieren lassen. Wenn man denn bei mir überhaupt von Ohren
sprechen kann. Aber dazu werde ich mich später äußern.
Édouard-Louis drückte
sich aus dem Profil, ich versuchte seitwärts mit einer laszifen Bewegung meine Position zu verändern und schon waren wir glücklich auf einer typischen Fußmatte vereint. Auch unsere Pilzkugeln als
Wegzehrung hatten alles ohne Verletzungen überstanden. Wir konnten einen Snack in unserem neuen Übergangswohnheim einnehmen. „Es muss eine Familie sein“, sagt ich zu Édouard-Louis. „Schau Dich einmal
in dem Berg von Schuhen um!“ Drei Sneaker, zwei High-Heals und ein Paar Kinderschuhe waren kreativ zu einem Knäuel auf dieser Fußmatte aufgetürmt. Der Geruch nach Plastik, Leder und Erdreich mit
Duftstoffen war eindeutig. Was uns allerdings auch Schutz ermöglichte, von Feinden frühzeitig entdeckt zu werden. Insbesondere von der nachtaktiven Spinne, die uns gerne auf den Rücken dreht, wie ihr
oben ja schon mitbekommen habt.
Édouard-Louis und ich
hatte uns gerade aus der Position einer Kugel befreit und unsere volle Schönheit wieder hergestellt, um uns gütlich weiter an unseren Pilzkugeln zu laben, als ein rotes, nasses Ungeheuer die Szene
völlig unerwartet durcheinander gebracht hatte. Wir konnte gerade noch unter einem Kinderschuh Schutz suchen. Aber die rote Schlange hatte scheinbar die Jagd auf uns aufgenommen. Es muss die Zunge
eines „Golden Retreavers“ gewesen sein, die uns Dank des außergewöhnlichen Geruchssinnes des Hundes als kurzfristiges Spielgerät nutzen wollte. Édouard-Louis wäre beinahe als Kugel in
einem Nasenloch des Hundes verschwunden. Neben der Fußmatte mit dem Berg an Schuhen war ein Korb mit Zeitungen, der uns kurzfristigen Schutz, etwas Ruhe und Gelassen verschaffen konnte. Bis zu diesem
Zeitpunkt wußte ich auch nicht, wie schnell Édouard-Louis überhaupt rennen bzw. eher rollen konnte. Selbst der Hund war verwirrt und versuchte die Zeitungen mit einem enthusiastischem Kläffen
durcheinander zu bringen. Was schließlich den Hausherren auf den Plan mit einem deutlichen „Aus“ und „Platz“ brachte, der scheinbar von den Geräuschen aus dem Flur aufmerksam wurde. Glück in letzter
Minute. Würden wir unsere Geschichte verfilmen lassen, wäre das eine interessante Szene. Der Kameramann liegt auf dem Bauch und versucht an der Matte vorbei, unter den Zeitungen unsere Flucht vor der
Hundeschnauze in Szene zu setzten. Ich glaube, ich schicke unseren Reisebericht Quentin Tarantino. Vielleicht hat er ja noch Zeit, 2026 mit uns zu drehen, wenn wir unser Ziel Sylt erreicht
haben.
Jetzt war jedenfalls
endlich Ruhe und Édouard-Louis und ich konnten unser Leben bzw. unseren Reiseplan- und Weg neu orten. Glücklicherweise entdeckte ich neben dem Papierkorb einen Stecker, wo ich mein iPhone laden und
mit der Taschenlampe unter Zeitungsseiten ein wenig Licht in unsere bescheidene Hütte bringen konnte. Die Geräusche der Familie, die wahrscheinlich in Küche oder Wohnzimmer saß, drang nur sehr
verschwommen in unserer bescheidenes Zuhause. Der wabernde Duft von Kohlrouladen, Édouard-Louis Lieblingsgericht, erreichte zwischenzeitlich unsere Nasenhöhlen und lies Erinnerungen in Frankreich
wach werden, wo es immer mal wieder chou-farci gab. Das Rezept könnt ihr, falls ihr Lust habt, bei mir unter Célestines Welt
nachlesen. Eigentlich
liebe ich Hunde. Wenn aber eine nasse Zunge und sabbernde Schnauze unaufgefordert in dein Schlafzimmer kommt, ist der Tag einfach gelaufen. Reflexartig haben wir uns zusammengerollt, ich noch mein
iPhone aus der Steckdose gezogen und uns in der Ritze des geölten Dielenfußbodens der Altbauwohnung versteckt. Der Hund hatte es nicht auf uns abgesehen, sondern auf die Sneakers seines Herrchens.
Vielleicht hatte der ja gestern beim Joggen ein Leckerli in die Sohle gedrückt, von dem wir jedenfalls nichts mitbekommen haben. Das aber jetzt beim Trocknungsprozess seine Duftstoffe
als eine Mischung aus einem Gas und einer fein verteilten Flüssigkeit oder einem fein verteilten
Feststoff als sogenannte Aerosole freisetzt.
Sei´s drum. Wir müssen
planen, unsere Reise fortzusetzten. Der Hund hinterließ für uns noch einmal einen Schwung Feuchtigkeit, sodass ich nicht auf mein Repertoire an Feuchttüchern für die Reise zurückgreifen musste. Es
galt also Abschied zu nehmen, aus der wohlduftenden und hyggeligen Altbauwohnung in der Sternschanze. Aber unser Ziel war ja Sylt. Und das galt es jetzt weiterhin strategisch im Auge zu behalten.
Hier war jetzt Logik, Strategie und klare Entscheidungsfindung gefragt.
Anhand der Schuhe
konnten wir erkennen, dass es ein Kind oder mehrere Kinder im Umfeld gab. Noch einmal in der Ritze eines Sneakers zu verweilen, konnte und wollte ich Édouard-Louis nicht zumuten. Diplomatie und
sanfte Zielstrebigkeit, um ihn auf die Spur zu bringen, waren hier sinnvolles Druckmittel. Wenn mich mein Sinn und meine Erfahrung nicht täuschten, befanden wir uns im Umfeld einer klassischen Mittelstandsfamilie.
Also mußte neben dem Kind auch ein Kindergarten in der Nähe sein. Und da wir nicht wussten, ob Vater oder Mutter Homeoffice in Nachcoronazeiten machten oder sie/er mit einem SUV in irgendeine Agentur
am Stadtrand von Hamburg zu fahren, waren auch das oder die Kinder als Transportmittel im Visier. Rucksack und Trinkflasche standen bereits neben den Kinderschuhen, die sich von ihrer rosa Farbigkeit
von den anderen deutlich abhoben. Das Motiv der Schneekönigin blitzte hervor. Ein Mädchen vielleicht. Édouard-Louis räumte gerade noch den Frühstückstisch auf und packte seine Tasche. Mein iPhone und die
AirPods hatten genug Saft getankt. Wir waren startbereit. Es kostete nur ein bisschen Kraft, in die Seitentasche des Eastpack-Rucksackes zu krabbeln. Die untere Seitentasche war ein Stück offen und
so konnten wir zwischen Brotkrumen, Bonbon-Papier und sonstigen Sammlerstücken eines kleinen Mädchens uns auf den nächsten Schritt unsere Reise vorbereiten.
Und siehe da, es war die
richtige Entscheidung, den Rucksack zu nehmen. In der unteren Seitentasche mit leicht geöffnetem Reisverschluss war unsere. Nach kurze und herzhaften kindlichen Sprüngen war vor der Haustür Schluss.
Es wurde in ein Urban Arrow Family benutzt mit dem Kinder schnell und trotzdem sicher durch die
Stadt fahren? Kein Problem mit diesem schicken Flitzer. Dank des Aluminiumrahmens ist das Urban Arrow Family besonders leicht und wendig. Und auch in puncto Sicherheit hat dieses Bike einiges zu
bieten: Weil die Kinder niedriger sitzen, als in anderen Lastenrädern, liegt der Schwerpunkt tiefer. Das verschafft Dir besseren Halt auf der Straße. Gurte sichern die Kinder während der Fahrt.
Es ist bunt, es wabert und ist in den letzten Jahren schicker geworden im Bezirk Altona und hat sich viel von seiner rauen, links-alternativen Unangepasstheit bewahrt. Vor allem in der Marktstraße im
Karoviertel gibt es eine Menge besonderer Läden jenseits des Mainstreams. Vorbeischlendern empfohlen!
Das mit dem
Vorbeischlendern ist für uns allerdings ein wagemutiger Ansatz. Wir müssen planen, um von A nach B zu kommen. Und dieses Mal heißt unser Ziel Sylt. Oder zumindest der Norden der Republik. Und
dieses Ziel bringt jetzt das Urban Arrow Family weiter. Wir wissen jedoch nicht genau, in welche Richtung. Altona scheint der Ausgangpunkt zu werden. Und diese Wahrnehmung war eindeutig, wie
Célestine bemerkte. Das Arrow hielt vor einem Gebäude vor und aus dem kindliche Geräusche kamen. Ein Blick aus dem Rucksack machte es sichtbar. Es war die Kinderstube Altona. Hier mussten wir
allerdings eine erste richtungsweisende Entscheidung treffen oder einen Zwischenstopp oder eine Umsteigeaktion organisieren. Célestine, die ja sehr gerne mit Kindern umging, fand die Idee als
„lebende Murmeln“ (eingerollte Asseln) in einer der ältesten Elterninitiativen für Kinder zu verbringen, in der vegetarisch, spielzeugfrei, Mitbestimmung und Klärung von Konflikten auf der
Klärcouch im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen, zwar äußerst lobenswert, aber wenig zielführend für unser Vorhaben. Sie hatte Standort und Inhalt kurz in ihrem iPhone recherchiert. Bartelstraße
im nördlichen Karolinenviertel. Weit sind wir bisher nicht gekommen. Und die Schwebefähre am NOK, der Fischer in Husum oder die Mumien in Schloss Gottorf sind noch in weiter Ferne. Das alles macht
aber nichts, denn wir haben bis Oktober 2026 zur Buchmesse in Frankfurt Zeit.